Jessica Buhlmann

                               
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Interventionen zur Passion

In behutsamer Einbringung in den Raum, in der Herstellung von Durchblicken, Zuständen und Abschattungen schafft Jessica Buhlmann mit ihrem unbetitelten Werk eine räumlich-visuelle Intervention. Vor dem Altarretabel der heute evangelisch-lutherischen Kirche in Langens- triegis, dessen Entstehungszeit vermutlich um 1520 in vorreformato- rischer Zeit liegt, bringt Jessica Buhlmann zur Fastenzeit ein aktuelles Werk ein. Über eine imaginäre Schwelle im Raum lässt die Künstlerin ein weiches, weitmaschiges Gewebe fließen, das an Blattadern, orga- nische Netze oder auch die Facetten eines Bleiglasfensters erinnert. Das Gewebe enthüllt und verhüllt zugleich den Altar, der Geschich- te und Geschichten erzählt. Dicht mit Garn und Textilien umwickelte Stränge bilden unregelmäßige Flächen, die den Blick auf den figuren- reichen Altar freigeben oder mit Stoff verdecken, der die liturgischen Farben der Passions- und Osterzeit aufgreift: Violett, Weiß, Rot und Schwarz. Buhlmanns bildloses Gewebe aus offenen und geschlosse- nen Binnenflächen, Farben und Linien geht ni diesem historischen Raum Allianzen ein, sowohl mit seinen Gegenständen und Erzählun- gen als auch mit Vergessenem, Unbewusstem oder Verborgenem. Die Linien und Felder verweben den Raum, insbesondere aber die Figuren und Bilder des Altars, seine Ornamente, Ranken und Falten- würfe der dargestellten Kleidung zu einem neuen, zu entdeckenden, gegenwärtigen Ganzen. Sie verweisen, wie der Philosoph Bernhard Waldenfels schreibt, „auf eine Falte im Gewebe des Sichtbaren, die dessen eigene Sichtbarkeit markiert" (Bernhard Waldenfels: Der Sta- chel des Fremden, Frankfurt am Main 1990, S. 212).

Inmitten einer Keramikwerkstatt wuchs die 1977 in Potsdam geborene Künstlerin Jessica Buhlmann in einer Künstlerfamilie auf. Die groß- formatigen Plastiken wie Brunnen oder Skulpturen für den Stadt- raum, die ihre Großeltern schufen, mögen die räumlichen Formen von Buhlmanns heutigen Arbeiten geprägt haben, die, wie Peter Kohlhaas über die Künstlerin schreibt, „in den Raum hinein gemischt, geknetet, modelliert [werden], dass Farbe nicht einfach Oberfläche dekoriert, sondern die Seele des Gebildes zur Erscheinung kommen lassen kann." Doch ist Buhlmanns Kunst eher Malerei als Plastik. Seit ihrem Studium an der Universität der Künste in Berlin arbeitet die Künstlerin an einem vom Konstruktivismus und Hard Edge inspirierten malerischen Werk. Neben gemalten Formen auf Leinwand entstehen räumliche Konstruktionen, wird farbig gefasstes Holz oder gefunde- nes Material mit industriell gefertigten Objekten kombiniert. Dem Alltag und seiner Funktion entwendet, entbirgt die Künstlerin visuell- ästhetische Potentiale. Durch das Einbringen ihrer Werke in gebaute Räume vermisst sie die Leere, die durch Buhlmanns Verspannungen als invertierter Körper erfahrbar wird. Mit ihren netzartigen Forma- tionen zitiert die Künstlerin skulptural verdrehte Schuss- und Kett- fäden der Leinwandbindung. Eine Darstellung entsteht nun durch den Raum selbst, in dem sie platziert sind, den Objekten und Subjekten, den Fehlstellen und Brüchen, „weil das Bilden, das sichtbar macht, selber aus der Sichtbarkeit schöpft, und weil ein Bild, worin etwas sichtbar wird, selber in das Sichtbare eingeht.“ (a.a.O., S. 210)

Buhlmanns Werk, das aus der Höhe in den Kirchenraum von Lang- enstriegis herabzusinken scheint, ist in diesem Sinne Bild und Nicht- bild, Skulptur und Leinwand zugleich. Es changiert in einer Vielfalt von Zuständen, die sich nicht vereinfachen oder ergründen lassen, ohne ihren Sinn aufzuheben. Mit dieser mystischen Unauflösbarkeit des Rätsels der Vielfalt verweist die Künstlerin auf das im alttestamenta- rischen Text im 2. Buch Moses formulierte Verbot: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Abbild machen von dem, was im Himmel, noch von dem, was unten auf der Erde ist.“ (Ex, 20, 4) Die christliche Bild- kultur scheint dieses Bildnisverbot, das einen zentralen Grundaspekt der Beziehung zwischen Gott und den Menschen darstellt, seit ihren Anfängen weniger streng auszulegen. Denn Christinnen und Chris- ten haben sich nicht nur ein Bild gemacht, sondern viele Bilder, von Heiligen und Gefallenen, ihren Leben, Wundern und Martyrien, von Engeln und Aposteln, aber auch von Maria, Christus und Gott Vater. Ausgehend von der Überlegung des Theologen Johannes von Damas- kus (um 650-754), dass Got zwar unsichtbar sei, sich aber durch die Menschwerdung seines Sohnes Jesus Christus ein sichtbares Abbild geschaffen habe, gilt die liturgische Verehrung nicht dem Bild und sei- nen Zeichen (signum), sondern dem Gemeinten (signatum). Die per- sonal- und geschichtsreiche christliche Ikonographie als lesbare Er- zählungen von Glaubensinhalten handelt daher auch von Traditionen, Ortsgeschichte, Machtverhältnissen und künstlerischen Entwicklun- gen. Neben historischen Figuren und Legenden erzählen Ornamen- te, Farben, Faltenwurf, aber auch Fehlstellen oder Ergänzungen von Bild- und Denkwelten, von Lebensweisen wie Konflikten, zu denen Jessica Buhlmanns Werk in Langenstriegis Perspektiven, Durch- und Einblicke auf das vor Jahrhunderten Geschaffene eröffnet.

Der mit zwei beweglichen Flügeln ausgestattete, heraldisch gefasste, ornamentierte und teilweise vergoldete Schnitzaltar aus Langenstrie- gis zeigt im hochrechteckigen Mittelteil eine wahrscheinlich zeitlich vor dem Altar entstandene erhöhte Pietà auf einem mit Rankenwerk verzierten Sockel, links die Heiligenfiguren Wolfgang und rechts die gekrönte Barbara, Schutzpatronin der Bergleute und Handwerker. In den beiden übereinander angeordneten Facetten des Altarflügels sind rechts oben die Figuren des Achatius und eines weiteren Bischofs, vermutlich Blasius, sowie unten die gekrönte Katharina und Marga- reta zu sehen. Der linke Flügel zeigt oben den Apostel Andreas, den Erzengel Michael, unten Laurentius und Cyriacus, der einen Teufel zu seinen Füßen gefesselt hält. Die Predela zeigt die Krönung Marias durch Gottvater und Christus. Auf den Rückseiten der Altarflügel sind vier Stationen des Martyriums der Agatha in Temperamalerei auf Holz dargestellt. Zwei weitere, nicht bewegliche Tafelnzeigen links Chris- tophorus mit dem Jesuskind, das die Weltkugel trägt, und rechts Ro- chus mit einer Wunde am Oberschenkel, die von einem Engel versorgt wird. Wie ältere fotografische Aufnahmen um 1900 zeigen, war das Retabel Teil eines barocken Kanzelaltars. Heute steht der kostbare Schnitzaltar frei auf einem hellen Altartisch. Auf dem Altar aufgesetzt ist eine Gruppe mit dem gekreuzigten Christus, der trauernden Maria und dem Apostel Johannes, die später ergänzt wurden. Das Figurenensemble verweist unter anderen auf die Heiligengrup- pe der Vierzehn Nothelfer, deren liturgische Verehrung vor allem im fränkischen und süddeutschen Raum bekannt ist. Sie finden sich auch in den spätgotischen Bildprogrammen erzgebirgischer Altäre, wie in St. Marien in Stollberg, wo sie als vollständige Gruppe dargestellt sind. Die ausgewählten Nothelfer werden in Langenstriegis ergänzt durch Figuren, die als Schutzpatrone medizinischer Leiden gelten, wie Agatha von Catania, Helferin bei Brustkrebs und Entzündun- gen, oder Michael, Heilkundiger, himmlischer Arzt und Beschützer der Kranken, sowie Laurentius von Rom, der als Patron vieler Hand- werksberufe auch bei Rückenleiden hilft. Neben dem Figuren- und Bildprogramm verweist der Langenstriegiser Altar ebenso in seiner Ornamentik und Stilistik auf süddeutsche Einflüsse, die auf die Aus- bildungen erzgebirgischer Künstler in den Werkstätten fränkischer und bayerischer Meister zurückzuführen sind.

Zentrale Künstlerpersönlichkeiten der sächsischen Bildschnitzer- kunst sind neben anderen Peter Breuer (1472-1541) oder Philipp Koch (um 1470 bis 1536 nachweisbar), Meister der Freiberger Domapos- tel, auch die Künstlerfamilie Walther, die über mehrere Generatio- nen hinweg Meisterwerke sakraler Kunst in Sachsen schuf. Vor allem Christoph Walther | (um 1493 - 1546), der vermutlich im bayerischen Landshut bei Hans Leinberger (um 1470/1480- um 1531) lernte, führ- te in die kurze Hochphase sächsischer, spätgotischer Bildhauerkunst stilistische Elemente ein, wie weiche, naturalistische Faltenwürfe oder symmetrisch geformte Ast- und Laubwerke aus Wein-, Blüten und Pflanzenranken, die erste Einflüsse der Frührenaissance ankün- digen. Auch der Altar in Langenstriegis zeugt von diesen Einflüssen. Denn hier finden sich ähnlich gearbeitete und gefasste oder vergolde- te Ornamente und Faltenwürfe wie im Vielauer Flügelaltar, der Peter Breuer Zugeschrieben wird, oder eine aus der Heraldik abgeleitete Farbigkeit des Bäckeraltars in Annaberg-Buchholz aus der Werkstat Christoph Walthers I. Es ist das vermeintlich ornamentale Beiwerk, das auf Handschriften, Bezüge, Einflüsse und Verwandtschaften und den Kulturtransfer zwischen süddeutschen und erzgebirgischen Werkstäten um 1500 verweist. Es waren nicht höfische Kreise, die solche Werke initiierten, sondern Handwerker, Bauern und Bergleu- te, die über Wissen, Kontakte und Ressourcen verfügten, um vermut- lich von Schülern oder Werkstattmitarbeitern der genannten oder anderer Künstler aufwendige Altäre für ihre Gemeinden anfertigen zu lassen.

Wie konnten aber die römisch-katholischen Bildprogramme den re- formatorischen Bildersturm Mitte des 16. Jahrhunderts überstehen, obwohl die protestantische Lehre schon früh die Frömmigkeit im Erz- gebirge prägte und auch die Langenstriegiser sich ihr anschlossen? Bildnisse von Schutzheiligen und Marienkrönungen widersprachen der lutherischen Liturgie, die ganz auf das Wort der Bibel und die Predigt ausgerichtet war. Vielleicht blieben Altäre mit den Schutz- patronen der Bergleute und Handwerker, wie Barbara, Wolfgang oder andernorts auch Anna, von den Zerstörungen weitgehend verschont. Vielleicht haben die Langenstriegiser ihren Altar aus eigener Kraft und Kenntnis nicht nur in Auftrag gegeben, sondern sich auch mit seiner Programmatik und Ästhetik identifiziert und dieses lokale Werk erzgebirgischer Schnitz- und Bildhauerkunst über die Jahrhunderte bewahrt und gepflegt.

Jessica Buhlmanns Werk macht diese imaginären Raum- und Bild- schichten durch die Facetten, Flächen und Stränge des an Falten- wurf, Ast- und Rankenwerk erinnernden Gewebes bewusst. In Anleh- nung an den seit rund 1000 Jahren gepflegten Brauch, während der Fastenzeit die Bilder in den Kirchen zu verhüllen, verweist die Arbeit nicht nur auf den alten Bilderstreit, sondern auch auf die Wiederent- deckung eines Kulturtransfers um 1500, auf den reformatorischen Bildersturm mit seinen epochalen religiösen, gesellschaftlichen und ästhetischen Neubewertungen sowie auf die nicht minder prägende Bilderflut der Gegenwart, die sichtbare und unsichtbare Zusammen- hänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu verwischen droht. Der alte Brauch des Bilderfastensvor dem christlichen Ostergottes- dienst, der mit Buhlmanns Arbeit nicht nur zur Imagination, sondern auch zur Wiederentdeckung verdeckter Bilder anregt, kann als ein Statement verstanden werden, das weit über den kleinen Kirchen- raum von Langenstriegis hinaus Gültigkeit besitzt: Nicht in der Ein- deutigkeit des Zeichens, sondern in der Vielfalt des Gemeinten liegt der Sinn des Bildes.

Ulrike Pennewitz, Kunsthistorikerin und Autorin, Berlin, 2024





COMPROVISATION


Between composition and improvisation, an aesthetic ecosystem of subtle relationships, dramatic balances, and constant surprise comprises the work of Jessica Buhlmann.

More than mere representation of nature, Buhlmann’s 3D installation work, a continuation of her 2D drawings and paintings, replicates the processes of natural systems in the studio. Nature is her co-conspirator: the artist collaborates with randomness, accidents, contingencies on multiple levels, guided by an intuitive yet deeply considered sensitivity.

Found objects from culture, the detritus of urbanity, such as sections of pieced of furniture or industrial materials, are given equal importance as found forms from nature, such as roots or flowers, and together forms inter-dependant visual affinity in Buhlmann’s sculptures.  But more than that, the artists’ own aesthetic subjectivity also expresses itself as kind of “found object”, shaped by socio-historical contingencies, and connects to other found forms in an idiosyncratic, unpredictable, and radically democratic manner.
A fragile rapport exists in the unlikely co-constructions which reveal unforeseen tensions and harmonies, between “man-made” and “natural”, between planning and spontaneity, between strategy and playfulness, between movement and stasis, in which the total becomes more than sum of the parts in unexpected ways –– Buhlmann’s work invites the viewer to discover the world, its hidden geometries and inner dialectical logic, in fresh and timeless ways.

He Zhao, October 2020






WAVES, HINTS, OFFSET



(...) Buhlmann entstammt einer Künstlerfamilie, in der Musik und visuelle Gestaltung allgegenwärtig waren, sie wuchs inmitten eines Keramikateliers auf. Zentrale Einsichten aus der engen Verschränkung von Handwerk und Konzeption wie die, dass die plastische Form nicht bloss in einem Raum platziert, sondern schon in der Produktion in den Raum hinein gemischt, geknetet, modelliert wird, dass Farbe nicht einfach Oberfläche dekoriert, sondern die Seele des Gebildes zur Erscheinung kommen lassen kann, wurzeln in dieser frühen Begegnung mit dem Skulpturalen. Wenn Buhlmann nun objets trouvés mit ausgetüftelten flachen Farbkörpern zusammenbringt, greift sie vorerst auf hartes, sprödes Holz statt auf plastischen Ton oder biegsames Metall zurück und setzt damit bewusst auf die Widerständigkeit des Materials. 
Im Gespräch formuliert sie: “Ich weiss zu Beginn der Arbeit nicht, wie es aussehen wird – und ich will es auch nicht wissen.“ Diese Radikalität, die im ersten Moment befremdlich klingen mag, hat Henri Matisse mit Bezug auf seine eigene Suche nach der richtigen Form darauf zurückgeführt, dass der Künstler seine Sprache nicht aus dem überkommenen Vokabular entnehmen könne, ohne bloss tote Kopien zu produzieren: „ich muss Zeichen finden, Zeichen, die meine Träumerei nicht stören“. 
Buhlmann führt ihre Erkundungen im dichten Material durch und führt die Betrachterin/den Betrachter zugleich ins Freie: ihre Arbeiten wirken wie ein frischer Strauss, ein Bouquet von Formen, Sichten und Durchblicken, wie wir ihnen alle alltäglich begegnen, ohne aber meistens aufzumerken – es ist die Künstlerin, die sie in die Sichtbarkeit hebt. Aus dem blossen Zufall arrangiert sie eine Begegnung, etwas was dort und da existiert, fügt sich wie notwendig zusammen. Ihre cut outs bringen mit schwarzweissen Formen die Düfte der Farben ins Spiel, machen die undurchdringliche Bürde einer Transparenz geltend oder lassen mit zarten Farboberflächen umgekehrt das Filigrane am Kompakten erkennbar werden.

Peter Kohlhaas, Ausstellungstext, September 2018






LEBENDE FORMEN


Jessica Buhlmann sucht nicht das laute Spektakel, sondern betreibt in ihrer Malerei subtile Forschungsarbeit
. Wie oft wurde schon das Ende der Malerei ausgerufen, als seien längst alle Farben und Formen auf der Leinwand erprobt und erforscht. Jessica Buhlmann schert das nicht. Sie weiß, dass die Suche nach der perfekten Komposition ein endloses Unterfangen ist, dass man die Gewichte auf der Leinwand stimmig austarieren kann und doch nie einen Schlusspunkt erreicht. Buhlmann hat Malerei studiert, einen Pinsel aber nimmt sie nie zur Hand. Sie entwickelt auf ihren Bildern mit Klebeband erste Strukturen, dann presst sie die Ölfarbe direkt aus der Tube auf die Leinwand und arbeitet mit dem Spachtel – »damit die Farbe einen Körper hat«, wie sie sagt. Wenn Buhlmann die Streifen dann wieder abreißt, entstehen harte Kanten, die sich plastisch aufbäumen wie Reliefs. Das Ergebnis ist bewusst vordergründig. Denn die Künstlerin will nicht demonstrieren, wie die Malerei virtuos Räume öffnen kann. Sie entwickelt besonnene Kompositionen, die das Zusammenspiel der Elemente erforschen. Die Anzahl ihrer Farben ist überschaubar, die Farbtöne sind blass. Begrenzt von den Bildrändern wird hier etwas gepresst, dort etwas zärtlich umfasst. Manche Formen wirken verloren, andere scheinen sich im unbeschwerten Miteinander zu ver- gnügen. Mal bohrt sich ein Stock ins Blau, dann wieder dringt eine Spitze in ein müdes Dreieck vor. Auch Formen können beredt sein, leben, leiden, lieben.
 In dieser Spielart abstrakter Kunst geht es nicht um Assoziationen und den Anklang gegenständlicher Motive. Je mehr Buhlmann sich von realen Referenzen entfernt, desto mehr benötige sie eigene Regeln, »um sich festhalten zu können«, wie sie sagt. Während des Malprozesses, der aber auch von der Intuition geleitet wird, formuliert sie immer wieder solche Regeln, die sie dann doch bricht, sodass sie sich auf den Bildern nicht mehr zurückverfolgen lassen. So entsteht ein freies Formenspiel, voller Spannung und geheimnisvoller Bezüge. Malerei als sorgfältige Forschungsarbeit, bescheiden, konzentriert und schön.

Adrienne Braun: Lebende Formen, In: ART (Starter),
 August 2016, Gruner + Jahr GmbH & Co KG 2016, S. 110/111






Inscape


(...) Jessica Buhlmann shows glass paintings and canvases. The shape fragments of more or less closed color surfaces are the innovating forces in her paintings. Before our eyes a complex coexistence of spreading surfaces and interjections presents itself, with transitions as fluid as “a trip within the trip”. In an epigrammatic way the artist defends autonomy and objectivity in line with her identity as a painter. She does it in a way that surprises through formal reflexiveness and a striking stability.

These images have an inner life that seems to have been found rather than created and seems protected on a stretcher frame, preserved in oil on glass, on wood, precious, unique, but in tune with its surroundings. A warm abandon seems to emanate from them, something harmonious but that doesn’t try to produce a melody as a result. It is a sound of bright, multicellular moments in a gently streaming atmosphere. Freedom, spontaneity and improvisation set the mood.
The six glass paintings by Jessica Buhlmann have poetic titles such as ‘Shift’, ‘Stream’, ‘Alloy’, ‘Rain” or ‘Ascension’. The titles she distilled from her canvases are equally powerful and trailblazing. See for yourself. (...)

Christoph Tannert, artistic director Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2016